Story

Eine Medizinerin aus Leidenschaft

Zuletzt aktualisiert am 08. Februar 2022 Erstmals publiziert am 03. Juli 2020

Für Anja Lorch ist das Universitätsspital der ideale Arbeitsort: Sie ist klinisch tätig, kann sich auch wissenschaftlichen Projekten widmen und sich um Studierende kümmern. Am USZ mag sie vor allem das unkomplizierte interdisziplinäre Arbeiten, denn alles ist unter einem Dach.

Es ist Zufall, dass Anja Lorch sich als Ärztin und Wissenschaftlerin mit Hodentumoren befasst. Das sei wohl eher ungewöhnlich für eine Frau, sie sei auch keine Urologin, betont sie, und stellt auch meist nicht die Erstdiagnose. Als junge Ärztin hatte sie die Gelegenheit, eine grosse Phase-III-Studie bei rezidivierten Hodentumoren zu betreuen, auszuwerten und zu publizieren. Diese Studie war ihr Einstieg ins wissenschaftliche Arbeiten. Daraus entwickelt haben sich zahlreiche weitere Projekte in der klinischen Forschung.

Der wissenschaftliche Hauptfokus von Anja Lorch, die seit gut einem Jahr in der Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie am USZ tätig ist, liegt bei den Keimzelltumoren. Dazu gehört auch der Hodentumor. Anja Lorch behandelt insbesondere die Patienten, die die Erkrankungen erneut bekommen, also Rückfälle, sogenannte Rezidive, erleiden. Diese Tumoren sind seltene Erkrankungen, aber der häufigste Tumor bei jungen Männern. Die Fachpersonen dafür sind weltweit sehr gut vernetzt und viele Veröffentlichungen resultieren aus nationalen und internationalen Kooperationen. Aktuell untersucht Anja Lorch beispielsweise retrospektiv die Daten von Patienten nach einer Chemotherapie, um festzustellen, wann es sinnvoll ist, im Anschluss zu operieren. Die Resultate internationaler Studien fliessen häufig in neue Leitlinien und haben somit einen direkten Einfluss auf die Behandlung zukünftiger Patienten.

Ausgehend von den Hodentumoren begann Anja Lorch sich auch intensiv mit den anderen Tumoren aus dem Urogenitaltrakt wie Niere, Blase, Prostata, zu beschäftigen und betreut am USZ im klinischen Alltag schwerpunktmässig Patientinnen und Patienten mit diesen Erkrankungen.

Die Patienten ein Stück weit begleiten

Anja Lorch wollte schon immer Ärztin werden. Nach dem Abitur musste sie auf einen Studienplatz warten und entschied, die Zeit mit einer Ausbildung zur Medizinisch-technischen-Radiologie-Assistentin zu überbrücken. Im Rahmen dieser Ausbildung hatte sie Einblick in die Strahlentherapie und damit auch in die Onkologie. Das gefiel ihr gut. Besonders die Arbeit mit den onkologischen Patienten, zu denen man einen engen Kontakt aufbaut. Das war dann auch der Schlüsselmoment, in dem sie wusste, dass sie nicht nur Medizin studieren, sondern Onkologin werden wollte. Sie begann ihr Studium der Humanmedizin in Marburg. «Ich habe das mit Begeisterung gemacht», erklärt sie rückblickend und auch, dass es für sie der absolut richtige Entscheid gewesen sei.

Die Universitätsklinik in Marburg bot als einziges Maximalversorgungkrankenhaus für eine grosse Region Ärzten und Ärztinnen ein gutes Rotationsprinzip an. Anja Lorch bekam so tiefere Einblicke in Fachbereiche wie Herz, Lunge oder Niere. Über zwei Jahre arbeitete sie zudem auf verschiedenen Intensivstationen und im Notfallbereich. Nach dem Facharzt für Innere Medizin bildete sie sich weiter aus zur Hämatologin und Onkologin. «Ich begleite meine Patienten und versuche, ihnen über die schwere Diagnose hinaus zu helfen, nicht nur medizinisch», sagt Anja Lorch und erklärt, dass durch die Therapien auch Komplikationen entstehen könnten. Die Behandlung onkologischer Patientinnen und Patienten könne daher sehr komplex sein. Dabei profitiert sie von ihrer breiten internistischen Ausbildung, die sie nicht auf ein einzelnes Organ festlegt, sondern ihr hilft, den ganzen Menschen zu behandeln.

Zurück in ihr Fachgebiet

Seit rund einem Jahr ist Anja Lorch am USZ. Die Süddeutsche fühlt sich richtig wohl in der Schweiz. «Ich war sieben Jahre lang Onkologin in der Klinik für Urologie des Universitätsklinikums Düsseldorf. Ich habe dort einen eigenen Bereich aufgebaut und konnte viele Erfahrungen sammeln, aber letztlich dann doch nicht so viel bewegen, wie ich wollte». In Zürich fühlte sich die Ärztin schon nach wenigen Wochen sehr gut vernetzt und sie ist begeistert davon, wie viel einfacher sich manche Vorhaben umsetzen lassen, von denen Patientinnen und Patienten maximal profitieren können.

In Deutschland war sie für die Urologen die Onkologin und für die Onkologen die Urologin. Aber, sagt Anja Lorch, sie sei und war immer schon Internistin, Hämatologin und Onkologin. In Zürich sei sie nun zurück in der Onkologie und das fühle sich sehr gut an. Die Kombination aus Klinik, Lehre und Wissenschaft, die Nähe zur Universität und zur ETH mache das Universitätsspital genau zum richtigen Ort für sie: «Ich mag vor allem das Interdisziplinäre, alles unter einem Dach zu haben. Die Vernetzung mit den anderen Bereichen ist unkompliziert, dadurch kann man auch konkret etwas bewegen».

Sie erzählt, in Deutschland hätte man ihr prophezeit, sie würde wohl in der Schweiz nicht so gut zu Recht kommen. Dies habe sich aber in keiner Weise bewahrheitet. «Wenn man neu anfängt, ist man ja auch immer etwas nervös, aber hier hatte ich schnell das Gefühl, dazu zu gehören».

 

 

 


Anja Lorch, Prof. Dr. med., ist seit dem 1. April 2019 leitende_x000D_
Ärztin und verantwortlich für die medizinische Uro-Onkologie in der Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie am USZ.

 

Nach dem Studium der Humanmedizin, einer Habilitation und_x000D_
oberärztlicher Tätigkeit in Marburg, hatte sie sieben Jahre eine Universitätsprofessur_x000D_
für konservative urologische Onkologie in Düsseldorf.

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Sie ist Mitglied mehrerer nationaler und internationaler_x000D_
Leitlinienkommissionen, war während mehrerer Gastaufenthalten in den USA und_x000D_
hat in zahlreichen renommierten Fachzeitschriften publiziert.

 

Als Ausgleich zu ihrer Arbeit treibt sie regelmässig Sport_x000D_
und entspannt sich gerne bei Musik oder einem Besuch in der Oper und im_x000D_
Theater. Anja Lorch ist zudem eine begeisterte Leserin.