Thymome

Thymuskarzinom, Tumor des Thymus

Thymome sind Tumoren der Thymusdrüse – einem lymphatischen Organ. Meist sind sie gutartig und kommen in Verbindung mit einer anderen Erkrankung vor, zum Beispiel der Myasthenia gravis. Ein Thymom kann aber auch bösartig sein. Lesen Sie alles über die Ursachen, Symptome und Behandlungen bei Thymomen.

Überblick: Was sind Thymome?

Thymome sind Tumore der Thymusdrüse, die von den Epithelzellen ausgehen. In der Mehrzahl der Fälle sind sie gutartig, wachsen langsam und bleiben auf die Drüse beschränkt. Seltener sind Thymome bösartig. Dann teilen und vermehren sich die Zellen schnell und dringen in umliegendes Gewebe ein. Die aggressivste Form der Tumore aus dieser Gruppe ist das Thymuskarzinom. Prinzipiell kann aus jedem gutartigen im Verlauf der Zeit ein bösartiges Thymom werden.

Die Thymusdrüse ist ein lymphatisches Organ, das hinter dem oberen Brustbein sitzt und eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr spielt. Ab der Pubertät bildet sich das Thymusgewebe zurück und besteht dann im Erwachsenenalter nur noch aus Fettgewebe und wenigen Thymusanteilen. Thymome zählen zu den Tumoren des Mediastinums – das ist der Raum zwischen den beiden Lungenflügeln. Im Mediastinum befinden sich unter anderem auch das Herz, die Speiseröhre und die grossen Blutgefässe wie die Aorta.

Die Ursachen des Thymoms sind in vielen Fällen unbekannt. Allerdings kommt das Thymom oft in Verbindung mit anderen Erkrankungen vor, zum Beispiel der Myasthenia gravis oder dem Sjögren-Syndrom – beides sind Autoimmunerkrankungen.

Thymome bleiben in frühen Stadien meist unbemerkt. Wenn sie wachsen und auf benachbarte Strukturen drücken, etwa die Luft- oder Speiseröhre, können sie Symptome wie Husten, Atemnot und Brustschmerzen verursachen.  Oft entdecken Ärzte und Ärztinnen Tumoren in der Thymusdrüse zufällig im Rahmen einer radiologischen Untersuchung.

Die Behandlung hängt von der Art, Grösse und Ausbreitung des Tumors ab. Die Therapie der ersten Wahl ist immer eine Operation, in der das Thymom vollständig entfernt wird.

Je nach Stadium (Einstufung nach internationalen Kriterien wie Grösse, Zelltyp, grenzüberschreitendem Wachstum oder Ausbreitung auf benachbarte Lymphknoten) werden für die Behandlung noch weitere Therapiemodalitäten wie eine Chemotherapie oder Bestrahlung eingesetzt. Die Heilungsrate ist bei Thymomen sehr hoch, hängt jedoch auch vom Stadium der Erkrankung ab.

Thymome – Häufigkeit und Alter

Thymome sind insgesamt sehr selten. Fachleute haben ausgerechnet, dass sie nur bei 0,13 von 100‘000 Personen pro Jahr auftreten. Dennoch zählen sie zu den häufigsten Tumoren im Mediastinum. Sie sind für etwa 50 Prozent aller dortigen Tumore verantwortlich. In drei Viertel der Fälle sind Thymome gutartig – bei etwa einem Drittel ist die Wucherung bösartig.

Prinzipiell können Tumoren der Thymusdrüse in jedem Alter und bei beiden Geschlechtern gleichermassen vorkommen. Es gibt jedoch einen Erkrankungsgipfel zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr. In diesem Alter sind gutartige Thymome oft mit der Myasthenia gravis – einer Nerven- und Muskelschwäche – verbunden. Aber auch andere Autoimmunerkrankungen kommen begleitend vor, zum Beispiel das Sjögren-Syndrom (eine Erkrankung der Tränen- und Speicheldrüsen), die Polymyositis (eine Erkrankung des Bindegewebes) oder die rheumatoide Arthritis, welche die Gelenke zerstört.

Thymome: Ursachen sind oft andere Krankheiten

Die Ursachen für bösartige Thymome sind unbekannt. Der Ausgangspunkt ist immer eine Zelle, deren Erbgut (DNA) sich verändert – die Zelle entartet und kann sich ungebremst teilen und vermehren. Bei allen Krebserkrankungen ist dies der Fall. Aber warum die Zelle mutiert, bleibt oft im Dunkeln.

Gutartige Thymome kommen dagegen häufig gemeinsam mit einer anderen Krankheit vor. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Myasthenia gravis: Eine Autoimmunerkrankung, die mit neurologischen Störungen und einer Muskelschwäche verbunden ist. In 20 bis 40 Prozent der Fälle geht die Myasthenia gravis mit einem Thymom einher.
  • Polymyositis: Eine entzündliche Erkrankung der Muskeln, die zu den Autoimmunerkrankungen zählt.
  • Sjögren Syndrom: Eine Autoimmunerkrankung, bei der das Abwehrsystem die Tränen- und Speicheldrüsen sowie später auch andere Organe angreift.
  • Rheumatoide Arthritis: Eine Autoimmunerkrankung, bei der sich die körpereigene Abwehr gegen die Gelenke richtet und sie allmählich zerstört.
  • Thyreoiditis: Entzündung der Schilddrüse, hinter der ebenfalls oft eine Autoimmunerkrankung steckt (Hashimoto-Thyreoiditis).
  • Lupus erythematodes: Die Autoimmunerkrankung kann viele Organe und Organsysteme schädigen.
  • Hypogammaglobulinämie: Eine Erkrankung des Immunsystems, die immer wieder zu Infektionen führt. Betroffene haben einen Mangel an Abwehrstoffen (Antikörpern).
  • Blutarmut (Anämie) – auch hier sind Thymome gehäuft zu finden.

Symptome: Thymome bleiben oft unbemerkt

Thymome müssen nicht zwangsläufig Symptome verursachen. Ungefähr 30 Prozent aller Patienten und Patientinnen verspüren keine Beschwerden und die Erkrankung bleibt unentdeckt. Oft werden Thymome im Rahmen einer radiologischen Untersuchung zufällig entdeckt. Meist entstehen Symptome erst, wenn das Thymom wächst und eine gewisse Grösse erreicht – dann drückt es auf benachbarte Organe wie die Luft- oder Speiseröhre.

  • Druckgefühl hinter dem Brustbein
  • Schmerzen in der Brustgegend
  • Husten, der nicht wieder vergeht
  • Atemnot oder Stridorwenn das Thymom auf die Luftröhre drückt
  • Schluckbeschwerden, wenn das Thymom auf die Speiseröhre drückt
  • Heiserkeit, wenn der sogenannte Stmmbandnerv beeinträchtigt ist
  • Störungen der Herzfunktion, wenn das Thymom das Herz bedrängt
  • Obere Einflussstauung: Der venöse Rückfluss aus dem Kopf und den Armen funktioniert nicht mehr richtig, weil die obere Hohlvene zusammengedrückt wird. Symptome sind gestaute und erweiterte Venen an Hals, Kopf und Armen sowie Kopfschmerzen oder ein  Druckgefühl in Kopf und Hals.
  • Muskelschwäche, schnelle Ermüdbarkeit, Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit

Thymome: Diagnose

Thymome oft zufällig im Rahmen einer Röntgenuntersuchung entdeckt, die aus einem anderen Grund stattfindet. Ansonsten beginnt die Diagnostik immer mit einem Gespräch zur Krankheitsgeschichte, bei dem wir Ihnen einige Fragen stellen (Anamnese), zum Beispiel:

  • Welche Symptome haben Sie?
  • Wann sind die Beschwerden erstmals aufgetreten und wie intensiv sind sie?
  • Sind Krankheiten bei Ihnen bekannt, zum Beispiel Autoimmunerkrankungen wie die Myasthenia gravis, rheumatoide Arthritis oder ein Sjögren-Syndrom?
  • Nehmen Sie Medikamente ein? Wenn ja: Welche und seit wann?

Dann schliesst sich eine körperliche Untersuchung an, bei der wir unter anderem die Brust- und Halsgegend abtasten. So lassen sich Veränderungen aufspüren, etwa Geschwulste oder vergrösserte Lymphknoten. Weiteren Aufschluss liefern bildgebende Verfahren wie:

  • Röntgenuntersuchung des Brustkorbs (Röntgen-Thorax)
  • Computertomografie (CT): Eine Röntgenuntersuchung, bei der Radiologen detaillierte Schnittbilder erstellen – damit gelingt der Nachweis von Thymomen mit hoher Sicherheit. Sie zeigt ausserdem die Lage und Grösse des Thymoms und ob es schon in benachbarte Strukturen eingewachsen ist. Manchmal ist die Thymusdrüse vergrössert, aber es liegt kein Thymom vor – auch das zeigt die CT.
  • Magnetresonanztomografie (MRT = Kernspintomografie): Die Methode arbeitet mit starken Magnetfeldern und kann ein Thymom ebenfalls aufdecken.
  • Blut- und Urinuntersuchungen: Durch die Bestimmung von Hormonen versuchen wir, andere Tumorarten auszuschliessen, die ebenfalls im Brustraum angesiedelt sein können.
  • Octreotid-Szintigrafie: Wir bestimmen dabei, ob sich das Hormon Somatostatin im Tumorgewebe anreichert oder nicht. Dies ist später für die Frage wichtig, ob eine Hormontherapie mit Somatostatin möglich ist.

Zur Diagnostik der meisten Krebsarten entnehmen wir normalerweise eine Gewebeprobe (Biopsie) aus dem verdächtigen Bereich. Die Zellen analysiert anschliessend ein Pathologe im Labor unter dem Mikroskop. So lässt sich mit letzter Sicherheit feststellen, ob die Zellen gut- oder bösartig sind. Bei Thymomen ist die Gewebeentnahme allerdings oft schwierig, weil die Thymusdrüse an einer schwer zugänglichen Stelle liegt. in diesen Fällen wird das Gewebe erst analysiert, nachdem sie den Tumor im Rahmen einer Operation entfernt haben. In gewissen Situationen, zum Beispiel, wenn aufgrund der bildgebenden Informationen eine vollständige chirurgische Entfernung des Tumors nicht sicher gewährleistet ist, wird der Tumor mittels Bestrahlung vorbehandelt.

Thymome – Einteilung nach Stadien

Je nach Grösse und Ausbreitung des Thymoms erfolgt die Einteilung in verschiedene Stadien (Staging nach Masaoka-Koga):

  • Stadium I: Der Tumor ist noch auf die Thymusdrüse und die Thymuskapsel begrenzt – er hat sie noch nicht durchbrochen.
  • Stadium IIa: Der Tumor hat die Kapsel nur in geringem Mass durchbrochen.
  • Stadium IIb: Der Tumor hat die Thymusdrüse verlassen und sich auf umliegendes Fettgewebe bis zum Brustfell ausgebreitet. Er ist mit dem Brustfell (Pleura) oder dem Herzbeutel verwachsen.
  • Stadium III: Der Tumor ist in Nachbarorgane eingedrungen, z.B. Herzbeutel, Lunge, grosse Gefässe oder bestimmte Nerven.
  • Stadium IVa: Der Tumor hat sich im Herz- oder Lungenfell ausgebreitet.
  • Stadium IVb: Krebszellen haben über die Blutbahnen und Lymphwege in andere Organe gestreut – es bilden sich Fernmetastasen.

Von diesen Stadien hängen anschliessend wiederum die Wahl der Behandlung und die Prognose ab. Sie ist umso günstiger, je geringer das Stadium (kleiner die Zahl) ist. Daneben gibt es noch die Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation WHO, die Thymome nach verschiedenen Zelltypen (histologisch) einteilt. Dieser Einteilung zufolge gibt es Thymome Typ A, AB, B1, B2 und B3. Als Typ C wird das Thymuskarzinom bezeichnet. Die Aggressivität des Tumors steigt von Typ A (gutartigstes Verhalten) bis zum Typ C (bösartigstes Verhalten) an. Zusätzlich existiert eine weitere Tumoreinteilung nach TNM-Klassifikation. Diese stellt eine gut anwendbare und für Behandlungsentscheide hilfreiche neue Klassifikation dar.

Die WHO stuft fast alle Thymome – unabhängig von der Beschaffenheit der Zellen – als bösartig ein. Der Grund ist, dass alle Thymome – auch alle scheinbar gutartigen – sich im Verlauf der Zeit bösartig verändern können. Es gibt nur wenige Ausnahmen, etwa das mikroskopische Thymom oder das Fibrolipoadenom. Vereinfacht gesagt lassen sich also Thymome von dem sehr bösartigen Thymuskarzinom unterscheiden.

Thymome: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose

Wie bei vielen Krebsarten sind auch bei Thymomen die Ursachen oft unbekannt. Daher können Sie einem Thymom auch nicht wirklich vorbeugen. Auch spezielle Massnahmen zur Früherkennung gibt es nicht. Allgemein gilt: Suchen Sie uns immer zeitnah auf, wenn Sie Symptome verspüren. Eine rasche Diagnose und rechtzeitige Behandlung verbessern die Prognose und Heilungsaussichten. Das gilt auch für viele andere Krebsarten.

Verlauf und Prognose bei Thymomen

Der Verlauf und die Prognose von Thymomen sind in der Regel gut – auch bei bösartigen Thymomen. Entscheidend sind jedoch immer das Stadium und die Ausbreitung des Tumors. Je früher das Thymom entdeckt und behandelt wird, desto günstiger ist die Prognose. Meist lässt sich der Tumor in der Thymusdrüse durch eine Operation vollständig entfernen. Manchmal folgen noch weitere Behandlungen, welche die Heilungsaussichten verbessern, etwa eine Chemotherapie oder Bestrahlung. Frühe Stadien des Thymoms haben nach der kompletten Entfernung eine sehr gut Früh- und Langzeitprognose.

Thymome: Behandlung besteht in einer Operation

An der Behandlung von Thymomen sind immer Ärzte und Ärztinnen verschiedenster Fachdisziplinen beteiligt, beispielweise aus der Thoraxchirurgie, Radiologie, Onkologie und Pathologie. Sie arbeiten eng zusammen und besprechen in Tumorkonferenzen jeden Fall individuell. Dort wird auch die individuelle, patientenspezifische Behandlungsstrategie festgelegt. Welche Therapie in Frage kommt, hängt immer vom Stadium und der Ausbreitung des Thymoms ab. Auch eine Kombination mehrerer Therapiemodalitäten ist möglich.

Bei einem operativen Eingriff wird vom Institut für Anästhesiologie das individuell auf Sie angepasste Anästhesie-Verfahren ausgewählt.