Schmerzen (akuter und chronischer Schmerz)

Schmerzen sind wichtige Warnsignale. Akute Schmerzen zeigen oftmals, dass im Körper etwas nicht in Ordnung ist. Doch insbesondere langanhaltende Schmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität erheblich. Chronische Schmerzen können sich auch verselbständigen und ohne organische Ursache auftreten.

Überblick: Was ist akuter und chronischer Schmerz?

Autsch – das Metallgeländer ist glühend heiss. Ohne zu denken ziehen wir die Hand zurück. Der Schmerz dient dazu, unseren Körper zu schützen. Reflexartig reagieren wir und bringen uns oder das betroffene Körperteil aus der Gefahrenzone. Auch bei Schnittverletzungen oder Organproblemen wie einer Blinddarm- oder Zahnentzündung hilft der Schmerz, eine Störung überhaupt erst zu bemerken. Akute Schmerzen signalisieren, dass mit dem Körper etwas nicht in Ordnung ist. So können wir Abhilfe schaffen.

Manchmal jedoch wird der Schmerz chronisch und hält länger als drei bis sechs Monate an. Dann verliert er seinen Charakter als Warnsignal. Oft ist er mit chronischen anderen Krankheiten verbunden, manchmal jedoch verselbstständigt sich der Schmerz. Er ist dann nicht mehr an körperliche Beschwerden gebunden, sondern tritt ohne äussere Ursache auf. Das Chronische Schmerzsyndrom gilt als eigenständige Krankheit. In diesem Fall helfen Entspannungsmethoden und eine Psychotherapie oft besser als Schmerzmedikamente.

Schmerzen (akut und chronisch) – Häufigkeit und Alter

Der Rücken, die Gelenke: Rund jeder und jede sechste Erwachsene leidet in der Schweiz unter chronischen Schmerzen. Am häufigsten sind rheumatische Erkrankungen und Arthritis die Ursache, gefolgt vom sogenannten unspezifischen Kreuzschmerz ohne erkennbare Ursache oder z.B. den spezifischen Kreuzschmerz bei Bandscheibenvorfällen. Hier können ihnen die drei Kernkliniken des interdisziplinären Wirbelsäulenzentrums am USZ (Rheumatologie, Neurochirurgie und Traumatologie) als Anlaufstelle zur Behandlung der somatischen Schmerzursachen beiseite stehen. Darüber hinaus unterstützen sie die Kolleginnen und Kollegen des Schmerzdienstes gerade bei unspezifischen und chronifizierten Schmerzen. Insgesamt sind in der Schweiz rund 1.5 Millionen Menschen betroffen. 39 Prozent von ihnen haben immer Schmerzen, 35 Prozent täglich, 26 Prozent mehrmals pro Woche. Bei den meisten Betroffenen sind die Probleme nicht neu: Durchschnittlich seit 7.7 Jahren kämpfen sie mit dem chronischen Schmerz. Jeder Vierte leidet sogar schon seit mehr als 20 Jahren daran. Das trifft bei weitem nicht nur alte Menschen: In einer grossen Studie war jeder fünfte der unter Schmerz Leidenden unter 30 Jahren alt, das Durchschnittsalter lag bei 48 Jahren.

Schmerzen: Ursachen

Auf der gesamten Haut, aber auch in den Muskeln und in vielen Organen hat der Mensch Nozizeptoren. Diese Sinneszellen reagieren auf Reize – etwa Hitze oder Entzündungen – und geben daraufhin elektrische Signale ab. Nerven leiten diese Reize ins Rückenmark und ins Gehirn weiter. Aus diesen Signalen entstehen im Gehirn Schmerzen. Dabei gibt es verschiedene Nozizeptoren. Manche sind spezialisiert auf starke Reize, andere auf chemische Reize und Hitze, wieder andere reagieren vor allem auf Entzündungen. Zuerst kommen diese Signale zum Rückenmark, das sehr schnell antworten kann, etwa durch ein reflexartiges Zurückziehen von Hand oder Fuss. Anschliessend werden die Informationen im Gehirn weiterverarbeitet. So dringt der Schmerz in unser Bewusstsein und sorgt dafür, dass wir überlegen, wie wir mit den unterschiedlichen Schmerzen umgehen.

So entstehen chronische Schmerzen

Einige Faktoren werden verdächtigt, den Übergang in ein Chronisches Schmerzsyndrom zu begünstigen:

  • Ängste oder Depression
  • Schmerzen, die zu Beginn nicht adäquat behandelt werden
  • Ignorieren der eigenen Belastungsgrenzen
  • Vermeidung von Bewegung aus Angst vor Schmerzen
  • Soziale Probleme
  • Frühere Erfahrungen von Schmerz und Stress

Symptome: Schmerz tritt in Verbindung mit Schwitzen und Übelkeit auf

Schmerzen können an unterschiedlichen Körperstellen und in abgestufter Intensität auftreten. Besonders verbreitet sind Kopf- und Rückenschmerzen. Aber auch Gelenkschmerzen treten häufig auf, etwa in Zusammenhang mit Arthrose oder rheumatoider Arthritis. Betroffene berichten manchmal von eher pochendem Schmerz, dann wieder von ziehendem oder stechendem. Häufig tritt Schmerz gemeinsam mit Muskelverspannungen auf – wobei der Schmerz Ursache oder Folge der Verspannung sein kann. Typisch sind auch Symptome wie Schwitzen und Übelkeit in Verbindung mit Schmerz. Manchmal verziehen sich die Gesichtszüge bei Schmerzen: Auffällig ist das Zusammenkneifen der Augen, etwa wenn sich jemand den Zeh stösst. Bei Kopfschmerzen fallen oft die angespannten Stirnmuskeln auf. Häufig sind stärkere Schmerzen auch von Schlafstörungen begleitet.

Schonverhalten bei Schmerz: keine Lösung

Wer in bestimmten Situationen an Schmerzen leidet, meidet diese in Zukunft. Diese Schonung ist bei akuten Schmerzen sinnvoll – etwa, damit ein Bruch oder eine Verstauchung heilen kann. Fällt jedoch die körperliche Ursache weg, kann solch ein Schonverhalten die Schmerzen verstärken und zu chronischen Beschwerden führen. Sowohl die Angst vor den Schmerzen als auch einseitige Körperhaltungen verstärken die Probleme. Dazu kommt, dass viele Betroffene sich zurückziehen und Treffen mit Freunden sowie Hobbys reduzieren, um sich zu schonen. Dadurch fehlen jedoch wichtige Komponenten der Entspannung. Ausserdem kann dieser soziale Rückzug zu weiteren Gesundheitsproblemen wie Depressionen oder Medikamentenabhängigkeit führen.

Schmerz: Diagnose bei uns

Zuerst fragen wir nach dem Auslöser der Schmerzen – ob es einen Unfall oder eine akute Erkrankung gab. Dann thematisieren wir mögliche Stressfaktoren, etwa in der Familie oder am Arbeitsplatz. Je nachdem, wie lange die Schmerzen schon bestehen und wie die Krankheitsgeschichte bisher verlaufen ist, gehen wir dem Schmerz mit körperlichen Untersuchungen auf den Grund. Insbesondere bildgebende Verfahren dienen dazu, organische Ursachen zu finden oder aber auszuschliessen.

Mögliche Untersuchungen für eine Schmerz-Diagnose sind:

Für uns ist es wichtig, zu wissen, wie stark Sie die Schmerzen empfinden. Denn jeder Mensch fühlt Schmerz anders, und entscheidend ist auch die Frage, wie stark der Schmerz Sie im Alltag einschränkt. Deshalb bitten wir Sie, Ihren Schmerz auf einer Skala von null (kein Schmerz) bis zehn (stärkster vorstellbarer Schmerz) einzuordnen.

Wenn ein Schmerz nicht eindeutig durch körperliche Erkrankungen zu erklären ist, werden wir Sie bitten, ein Schmerztagebuch zu führen. Zu Ihrer ersten Konsultation werden wir Ihnen ggf. bereits einen Schmerzkalender schicken. Darin notieren Sie mehrmals täglich, ob und wie stark Sie den Schmerz gerade bemerken und wo er genau auftritt. Ausserdem tragen Sie dort ein, wann und wieviel Schmerzmittel Sie genommen haben. Oft möchten wir auch, dass Sie dort Freizeitaktivitäten oder Beeinträchtigungen bei der Arbeit dokumentieren.

Schmerz: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose

Eine gesunde Lebensweise hilft grundsätzlich, das Risiko eines Chronischen Schmerzsyndroms zu reduzieren. Wer viel Sport treibt oder spezielle Gymnastik macht, stärkt seinen Rücken und ist so weniger anfällig für typische Rückenprobleme. Durchdachte Bewegungen helfen ebenfalls, etwa kein schweres Heben in seitlicher Drehung. Wenn Sie nicht rauchen, kein Übergewicht haben und einer gesunden, fettarmen Ernährung folgen sinkt die Gefahr, an Rheuma oder Arthrose zu erkranken. Regelmässige Bewegung an der frischen Luft stärkt die Seele und das Immunsystem. Wer aufgrund einer akuten Erkrankung an Schmerz leidet, sollte mit uns darüber sprechen und empfohlene Gegenmassnahmen einhalten. Denn wer Schmerzmittel zu früh absetzt, riskiert, dass die Schmerzen chronisch werden. Mit der richtigen Therapie hingegen können wir auch chronische Schmerzen in den Griff bekommen.

Verlauf und Prognose bei Schmerzen

Akute Schmerzen verschwinden meist von allein wieder, wenn der Auslöser wegfällt. Sobald der Schnitt im Finger oder der Bruch im Bein geheilt ist, fühlt sich alles wieder normal an. Schwieriger ist es bei Schmerzen, die chronische Krankheiten begleiten. Hier passiert es leicht, dass sich die Schmerzen von der eigentlichen Erkrankung lösen. Bei einer Schmerz-Chronifizierung kommt es schnell zu einer Abhängigkeit von Schmerzmedikamenten. Hier kann ein (stationärer) Schmerzmittelentzug notwendig sein. Auch Depressionen und Angstzustände können eine Folge chronischer Schmerzen sein. Menschen, die an chronischen Schmerzen leiden und keine Linderung erfahren, sind häufig lange krankgeschrieben oder müssen sogar eine Frührente beantragen. Wir können jedoch mit vielfältigen Behandlungsmethoden in der Regel auch lang andauernde chronische Schmerzen lindern.

Selbsthilfegruppen

Der Austausch mit Gleichbetroffenen kann bei der Bewältigung einer Krankheit eine grosse Unterstützung sein. Beratung auf der Suche nach einer geeigneten Selbsthilfegruppe erhalten Sie bei Selbsthilfe Zürich. Selbsthilfe Zürich und das Universitätsspital Zürich sind Kooperationspartner im nationalen Projekt «Gesundheitskompetenz dank selbsthilfefreundlicher Spitäler».

Schmerz: Behandlung durch Entspannungsmethoden

Zuerst werden wir natürlich versuchen, körperliche Auslöser von Schmerzen zu beseitigen. Insbesondere bei chronischen Schmerzen geht es jedoch darum, körperliche und psychische Ursachen gemeinsam zu bekämpfen, etwa die Angst vor dem Schmerz. Deshalb kombinieren wir häufig Schmerzmedikamente mit psychotherapeutischen Ansätzen.

Ein erster Ansatz sind Entspannungsmethoden, die Sie in einer Gruppe oder einzeln bei einem Spezialisten oder einer Spezialistin lernen können:

  • Autogenes Training
  • Progressive Muskelentspannung
  • Körperreise
  • Hypnotherapie
  • Atemübungen
  • Yoga
  • Biofeedback

Hilfreich sind auch leichte körperliche Aktivitäten, die den Körper entspannen und Schonhaltungen verhindern. Wir empfehlen, kleine Einheiten in den Alltag zu integrieren und sie zu protokollieren. So lernen Sie, realistische Bewegungseinheiten sowie passende Pausen zu planen.