Binge Eating Störung

BES, Essstörung

Von einer Binge Eating Störung (BES) sprechen Fachleute, wenn Menschen immer wieder unkontrolliert ungewöhnlich grosse Mengen essen. Meist führt das zu einem Kreislauf von Essen, Scham und Ärger wegen des Essensanfalls, der manchmal wieder durch weiteres Essen kompensiert wird. Eine Binge Eating Störung führt meistens zu Übergewicht oder Adipositas. Allerdings gibt es auch Menschen mit Normalgewicht, die an einer Binge Eating Störung leiden.

Überblick: Was ist eine Binge Eating Störung?

Jede Person isst manchmal mehr, als es für sie gut ist. Ganz anders ist die Situation bei den krankhaften Essanfällen. Betroffene essen in kürzester Zeit grosse Mengen an Nahrung. Meistens sind sie dabei auch allein. Während des Essens haben sie das Gefühl, nicht aufhören zu können (Kontrollverlusterlebnis). Anschliessend schämen sich Betroffene oft für ihr Verhalten. Weil ihr Magen völlig überfüllt ist, fühlen sie sich auch unwohl. Im Unterschied zur Bulimie versuchen Betroffene bei der Binge Eating Störung jedoch nicht, den Mageninhalt durch Erbrechen wieder von sich zu geben, Abfuhrmittel einzunehmen oder das Gewicht durch exzessiven Sport auszugleichen. Allerdings kann eine Binge Eating Störung in Bulimie übergehen. Der Ausdruck Binge Eating Störung kommt von den englischen Wörtern „binge“ (Gelage, Exzess) und „eating“ (Essen). Manchmal wechseln sich auch Phasen ohne Symptome mit Phasen mit häufigen Essanfällen ab.

Damit wir eine Binge Eating Störung diagnostizieren, müssen gemäss Internationaler Klassifikation (ICD 11, DSM V) mehrere Faktoren zusammenkommen: Die Essensanfälle passieren mindestens einmal pro Woche über einen Zeitraum von drei Monaten hinweg. Betroffene leiden unter diesen Anfällen, versuchen jedoch nicht, dies durch kompensatorischen Massnahmen „rückgängig“ zu machen. Ausserdem müssen die Essanfälle von mindestens drei dieser Symptome begleitet werden:

  • Betroffene essen deutlich schneller als normalerweise.
  • Sie essen allein, damit andere Menschen sich nicht über die grosse Menge an Essen wundern.
  • Sie nehmen sehr grosse Mengen an Nahrung auf, auch wenn sie sich nicht hungrig fühlen.
  • Betroffene leiden anschliessend an einem unangenehmen Völlegefühl.
  • Nach dem Essen sind Betroffene deprimiert oder fühlen Ekel angesichts der übermässigen verschlungenen Essensmenge.

Häufigkeit und Alter

Eine Binge Eating Störung entwickelt sich häufig im jungen Erwachsenenalter. Allerdings kann sie auch später im Leben vorkommen. Insgesamt erkranken rund zwei Prozent aller Menschen im Laufe ihres Lebens daran. Unter den Menschen zwischen 20 und 30 Jahren sind sogar bis zu vier Prozent betroffen, Frauen etwas häufiger als Männer. Adipöse Menschen leiden überdurchschnittlich häufig an einer Binge Eating Störung – zwischen 15 und 30 Prozent von ihnen haben diese Krankheit.

Binge Eating Störung: Ursachen und Risikofaktoren

Es ist immer ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die zu einer Binge Eating Störung führen. Oft, aber nicht in allen Fällen, versuchen Betroffene vorher, mit einer Diät an Gewicht abzunehmen. Der Verzicht auf bestimmte Lebensmittel sorgt dann für einen Heisshunger. Eine Rolle als Auslöser der Essstörung können auch folgende Faktoren spielen:

  • ein geringes Selbstwertgefühl: Betroffene sind unzufrieden mit ihrem Leben und sich selbst, wollen anderen alles recht machen, fühlen sich von der Schule oder dem Berufsleben überfordert oder haben Probleme mit dem Übergang ins Erwachsenenleben.
  • Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper: In den (sozialen) Medien werden oft perfekt aussehende Menschen – oft genug künstlich verschönert – gezeigt. Das kann dazu führen, dass Menschen mit ihrem normalen Körper unzufrieden sind.  Abwertende Äusserungen anderer Menschen können das Problem verschärfen.
  • Stress: Wer sich sehr angespannt fühlt, frustriert ist oder (etwa nach einem Verlust) unter grosser Traurigkeit leidet, kann zu Ess-Anfällen neigen.

Viele Menschen mit einer Binge Eating Störung versuchen sich durch das Essen angenehme Gefühle zu verschaffen. Im ersten Moment sorgt das Essen in der Regel für positive Empfindungen. Doch dann können Betroffene nicht mehr aufhören und essen weiter, auch wenn der Hunger längst gestillt ist.

Eine Binge Eating Störung tritt in vielen Fällen auch gemeinsam mit weiteren psychischen Erkrankungen auf:

  • Angststörungen
  • Affektive Störungen
  • Persönlichkeitsstörungen
  • Depressionen
  • Missbrauch von Alkohol, Medikamenten oder Drogen
  • Posttraumatische Belastungsstörung
  • Zwangserkrankungen

Meistens ist dann unklar, ob die Essstörung zuerst vorhanden war oder ob diese eine Folge der anderen psychischen Erkrankung ist.

In einer Therapie werden dann beide Erkrankungen behandelt.

Binge Eating Störung ist schwer zu erkennen – Prognose

Für Aussenstehende ist eine Binge Eating Störung oft kaum zu erkennen, weil Betroffene meistens heimlich allein essen. Zwischen den Essensattacken halten sie sich oft sehr zurück beim Essen.

Eine Therapie fordert zwar Ausdauer, kann langfristig jedoch zu einer deutlich verbesserten Lebensqualität führen. Je früher die Essstörung behandelt wird, desto besser sind die Heilungsaussichten. Ohne Behandlung drohen sich die Symptome zu chronifizieren, auch andere psychische Erkrankungen können hinzukommen.

Binge Eating Störung: Abklärung in unserer Sprechstunde

Im Rahmen des Abklärungsgesprächs werden wir Sie fragen, wie solche Essattacken üblicherweise ablaufen und wie häufig sie auftreten. Ihre Gefühle dabei werden eine grosse Rolle spielen:

  • Was fühlen Sie vor, während und nach einem solchen Essensanfall?
  • Denken Sie häufig an Essen?
  • Welche Essensgewohnheiten kennen Sie aus Ihrer Familie?
  • Sind Sie mit Ihrem Körper zufrieden?
  • Sind Sie mit Ihrem Gewicht zufrieden?
  • Stehen Sie unter Stress?
  • Treiben Sie Sport?

Wir werden auch wissen wollen, ob Sie Abführmittel nehmen oder nach Mahlzeiten erbrechen.

Mit einer körperlichen Untersuchung auf der Endokrinologie werden wir bei Bedarf kontrollieren, dass keine körperlichen Ursachen für die Esssucht vorliegen. Ausserdem wird untersucht, ob durch das übermässige Essen Folgeschäden entstanden sind, etwa im Herzkreislaufsystem oder bei den Blutzuckerwerten (Diabetes mellitus).

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Selbsthilfegruppen

Der Austausch mit Gleichbetroffenen kann bei der Bewältigung einer Krankheit eine grosse Unterstützung sein. Beratung auf der Suche nach einer geeigneten Selbsthilfegruppe erhalten Sie bei Selbsthilfe Zürich. Selbsthilfe Zürich und das Universitätsspital Zürich sind Kooperationspartner im nationalen Projekt «Gesundheitskompetenz dank selbsthilfefreundlicher Spitäler».

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