Adipositas (starkes Übergewicht)

Morbide Adipositas, starkes Übergewicht, Fettleibigkeit, Fettsucht, Essstörung

Adipositas ist eine chronische Ernährungs- und Stoffwechselerkrankung. Sie ist durch ein starkes Übergewicht gekennzeichnet, das aus einer überdurchschnittlichen Vermehrung des Körperfettes resultiert.

Mann mit dickem Bauch misst Umfang

In der Schweiz sind rund 42 Prozent der erwachsenen Bevölkerung übergewichtig. Elf Prozent der Betroffenen sind adipös. Unter den Kindern und Jugendlichen gelten ebenfalls elf Prozent als übergewichtig. Diese Zahlen sind besorgniserregend, denn Übergewicht kann die Lebensqualität erheblich einschränken und die Entstehung unterschiedlicher Erkrankungen fördern.

Was ist (morbide) Adipositas?

Bei Adipositas, also starkem Übergewicht, sammelt sich im Körper übermässig viel Fettgewebe an. Ein Mensch gilt als übergewichtig (adipös), wenn sein Body-Mass-Index (BMI) über 30 liegt. Der Body-Mass-Index errechnet sich aus dem Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch die Körpergrösse in Meter zum Quadrat. Der BMI berücksichtigt allerdings nicht das Alter oder die Verteilung von Körperfett und Muskelmasse.

Übergewicht und Adipositas erhöhen das Risiko für verschiedene Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und selbst für gewisse Krebserkrankungen. Wer sein individuelles Risiko einschätzen möchte, muss neben dem Körpergewicht das Fettverteilungsmuster bestimmen. Sie können das Bauchfett beispielsweise anhand des Taillenumfangs schätzen:

  • Ab einem Taillenumfang von mehr als 80 Zentimetern bei Frauen und mehr als 94 Zentimetern bei Männern ist das Risiko für Folgeerkrankungen erhöht.
  • Bei einer Bauchfettsucht (abdominalen Adipositas) besteht ein deutlich erhöhtes Risiko für Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Diese liegt bei Frauen ab 88 Zentimetern Bauchumfang, bei Männern ab 102 Zentimetern Bauchumfang vor.

Bei extremem Übergewicht – also einer Fettleibigkeit (morbide Adipositas) dritten Grades – sprechen wir auch von Adipositas permagna (lateinisch „permagnus“ = sehr gross).

Adipositas: Ursachen und Risikofaktoren

Adipositas entsteht, wenn wir mehr Energie in Form von Kalorien zu uns nehmen, als wir verbrauchen. Der Körper lagert die überschüssige Energie als Fett in sogenannten Fettzellen ein. Bekannte Ursachen für Adipositas sind ungünstiges Essverhalten und Bewegungsmangel. Doch es gibt weitere Risikofaktoren, die zu Übergewicht führen können. Dazu zählen unter anderem

  • erbliche Einflüsse,
  • psychische Faktoren,
  • bestimmte Medikamente sowie
  • hormonelle / Stoffwechsel-Erkrankungen.

Ungünstiges Essverhalten

Viele Menschen essen mehr als nötig, um ihren Energiebedarf zu decken. Oft unterschätzen sie auch den Energiegehalt von Lebensmitteln und Getränken. Ausserdem essen Menschen mit erhöhtem Gewicht meist schneller und häufiger als Normalgewichtige. Dieses gestörte Essverhalten spielt bei der Entstehung von Übergewicht und Adipositas eine wichtige Rolle. Während der Nahrungsaufnahme dehnt sich der Magen aus. Der Körper sendet über Hormone und Nerven Impulse an das Gehirn, die zu einem Sättigungsgefühl führen. Wenn wir zu schnell essen, fühlen wir uns aber erst satt, wenn wir bereits mehr gegessen haben, als wir eigentlich brauchen. Auch die in den westlichen Ländern weit verbreiteten vorgefertigten Nahrungsmittel unterstützen die Entstehung von Übergewicht und Adipositas, da sie in der Regel wenig sättigend sind, aber viele Kalorien enthalten.

Bewegungsmangel

Ein wichtiger Faktor für Übergewicht und Adipositas ist Bewegungsmangel. Denn viele Menschen verbringen einen Grossteil ihrer Arbeits- oder Freizeit sitzend – zum Beispiel vor dem Computer oder dem Fernseher. Entsprechend gering ist der Energieverbrauch.

Erbliche Ursachen

Haben dicke Eltern häufiger dicke Kinder? Tatsächlich tritt in manchen Familien Adipositas häufiger auf als in anderen. Vermutlich spielen daher erbliche Ursachen bei der Entstehung von Adipositas eine Rolle. Forschende gehen davon aus, dass der individuelle Grundumsatz im Stoffwechsel eines Menschen – also die Kalorienmenge, die der Körper im Ruhezustand verbraucht – erblich festgelegt ist. So können einige Menschen mehr essen als andere, da sie bereits im Ruhezustand mehr Energie verbrauchen. Ausserdem geben Eltern oft ihre ungünstigen Ernährungsgewohnheiten an ihre Kinder weiter.

Psychische Faktoren

Ob Heisshungerattacken oder Frustessen – auch psychische Faktoren wie Stress, Ärger, Ängste oder Langeweile können zur Entstehung von Übergewicht und Adipositas beitragen. Denn sie sind häufig der Auslöser für ein gestörtes Essverhalten (Binge Eating Störung).

Variationen des Essverhaltens

  • Häufiges Essen (Knabbern,“grazing”, “nibbling”, ”picking”)
  • Überessen bei Mahlzeiten: Sättigungsempfinden fehlt
  • Hedonistische Hyperphagie: Überessen weil es schmeckt
  • Sweet eating (v.a. Süssigkeiten)
  • Night-eating: wiederkehrende Episoden nächtlichen Essens, welche sich in Essen nach dem Aufwachen aus dem Schlaf oder exzessive/übermässige Nahrungsaufnahme nach dem Abendessen manifestieren
  • LOC (loss of control) eating: Essen mit Kontrollverlust, obwohl die Menge der konsumierten Lebensmittel objektiv nicht gross ist
  • Emotional eating: Nahrungsaufnahme als Reaktion auf negative Emotionen wie Enttäuschung oder Gefühle der Einsamkeit

Medikamente als Ursache

Bestimmte Medikamente können den Appetit steigern. Das führt zu einer vermehrten Nahrungsaufnahme. Die Folge ist ein erhöhtes Körpergewicht. Diese Medikamente können den Appetit steigern:

  • Antidepressiva (Medikamente für Depression)
  • Neuroleptika (Medikamente für andere psychische Erkrankungen)
  • Glukokortikoide (Kortison-artige Medikamente)
  • Antidiabetika (Medikamente für Diabetes)

Hormonelle und Stoffwechsel-Erkrankungen

Auch bestimmte Erkrankungen, die den Hormonhaushalt stören, können zu Übergewicht und Adipositas führen. Dazu zählen beispielsweise eine Schilddrüsenunterfunktion oder das Cushing-Syndrom, eine Erkrankung, die zu einer Überproduktion von Kortison im Körper führt.

Weitere Ursachen für Adipositas

Folgende Faktoren können bei der Entstehung von Übergewicht und Adipositas ebenfalls eine Rolle spielen:

  • Schwangerschaft
  • Bettlägerigkeit über einen längeren Zeitraum
  • Rauchstopp
  • Operationen im Hypothalamus-Bereich
  • Schlafmangel

Symptome: Adipositas und Übergewicht erkennen

Typische allgemeine Symptome von Übergewicht und Adipositas sind

  • geringere körperliche Belastbarkeit,
  • Gelenkbeschwerden,
  • vermehrtes Schwitzen sowie
  • seelische Probleme.

Geringere körperliche Belastbarkeit

Der Körper von Menschen mit Adipositas und Übergewicht ist weniger belastbar. Bemerkbar macht sich das häufig durch Atemnot und rasche Ermüdung bei körperlicher Anstrengung. Selbst alltägliche Handlungen wie Treppensteigen oder sich bücken machen Betroffenen zu schaffen.

Gelenkbeschwerden bei Adipositas

Häufige Folgen von Adipositas und Übergewicht sind Gelenkbeschwerden. Das überschüssige Gewicht führt zu einer Überbelastung der Gelenke, zu frühzeitigen Abnutzungserscheinungen (Arthrose) und Schmerzen. Besonders betroffen sind der Bereich der unteren Wirbelsäule, die Hüftgelenke sowie die Knie- und Sprunggelenke.

Vermehrtes Schwitzen

Typisches Symptom für Adipositas und Übergewicht ist vermehrtes Schwitzen. Schon bei leichter körperlicher Anstrengung neigen Übergewichtige selbst bei niedrigen Temperaturen zu verstärkter Schweissbildung.

Seelische und gesellschaftliche Folgen von Adipositas

Adipositas und Übergewicht wirken sich oft auf die seelische Verfassung und das Sozialleben aus. Übergewicht kann zu einer gesellschaftlichen Ausgrenzung der Betroffenen führen. Mögliche Folgen sind ein vermindertes Selbstwertgefühl, Ängstlichkeit und Unsicherheit im sozialen Miteinander sowie psychiatrische Begleiterkrankungen.

Mögliche psychiatrische Begleiterkrankungen bei Adipositas sind:

  • Depressive Störung
  • Angststörungen, soziale Phobie
  • Persönlichkeitsmerkmale, -störungen
  • Impulskontrollstörungen, ADHS
  • Abhängigkeitserkrankungen (inkl. «Esssucht» 16-32%)
  • Somatoforme Störungen
  • Posttraumatische Belastungsstörung
  • Selten Zwangserkrankungen

Diagnose Adipositas

Wenn Sie einen BMI von 30 oder mehr haben, sind Sie adipös. Um Folgeerkrankungen zu minimieren, ist es wichtig, das Körpergewicht zu reduzieren. Besprechen Sie etwaige Massnahmen mit uns. Sie werden im Gespräch ausführlich zu Ihrer Krankheitsgeschichte und Ihren bisherigen Lebensgewohnheiten befragt. Wichtige Themen sind dabei Ihr Ess- und Bewegungsverhalten oder das familiäre und berufliche Umfeld. Ausserdem werden bei uns verschiedene Untersuchungen durchgeführt, wie zum Beispiel

  • Messung des Blutdrucks,
  • Ausführliche Blutanalyse,
  • EKG oder
  • Ultraschall von Leber und Gallenblase
  • psychiatrisches Gespräch

Mithilfe der gewonnenen Informationen erstellen wir für Sie einen geeigneten Therapieplan.

Adipositas: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose

Wenn Sie Adipositas und Übergewicht vorbeugen möchten, sollten Sie auf einen gesunden Lebensstil mit regelmässiger Bewegung und auf eine ausgewogene, kalorienarme Ernährung achten. Kontrollieren Sie Ihr Körpergewicht regelmässig und steuern Sie bei leichter Gewichtszunahme frühzeitig dagegen.

So bringen Sie mehr Bewegung in Ihren Alltag

  • Gehen Sie jeden Tag eine halbe Stunde an der frischen Luft spazieren.
  • Nehmen Sie anstelle des Autos Ihr Fahrrad.
  • Nutzen Sie die Treppe und nicht den Fahrstuhl.

Adipositas: Verlauf und Prognose

Adipositas und starkes Übergewicht erhöhen im weiteren Verlauf das Risiko für verschiedene Erkrankungen, wie zum Beispiel:

  • Diabetes mellitus Typ 2
  • Fettleber
  • Gicht
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie
    • Arteriosklerose
    • Bluthochdruck
    • Herzmuskelschwäche, Herzinsuffizienz
    • koronare Herzkrankheit, Angina pectoris
    • Schlaganfall
  • Kurzatmigkeit (Dyspnoe)
  • Starkes Schnarchen in Verbindung mit Atemaussetzern (Schlafapnoe)
  • Erkrankungen der Gallenwege, zum Beispiel
    • Entzündungen der Gallenblase (Cholezystitis)
    • Gallensteine
  • Refluxkrankheit, Entzündung der Speiseröhre (Ösophagitis)
  • Gelenkerkrankungen (Arthrose)
  • bösartige Tumorerkrankungen in folgenden Bereichen
    • Brust
    • Darm (Kolon, Rektum)
    • Eierstöcken
    • Gebärmutter
    • Niere
    • Prostata

Adipositas verringert zudem die Lebenserwartung: Bei 40-Jährigen reduziert sich die Lebensdauer um drei bis sechs Jahre. Schwere Fettleibigkeit kostet sogar bis zu 20 Lebensjahre. Die gute Nachricht: Wer abnimmt, reduziert das Risiko für Folgeerkrankungen erheblich. Auch bei bestehenden Erkrankungen wirkt sich eine Gewichtsabnahme meist positiv aus.

Adipositas: Behandlung mit multimodalem Konzept

Zur Behandlung von Adipositas und starkem Übergewicht stehen verschiedene Therapien zur Verfügung, welche oftmals in Kombination die besten Ergebnisse erzielen. Entspricht Ihr Übergewicht einem BMI zwischen 25 und 29.9, dann sprechen wir von einer sogenannte Präadipositas. Auch hier ist eine (eventuell ärztlich begleitete) Gewichtsreduktion sinnvoll, insbesondere wenn

  • Sie gleichzeitig an übergewichtsbedingten Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 oder Bluthochdruck leiden,
  • bei Ihnen Erkrankungen vorliegen, die sich durch Übergewicht verschlimmern,
  • Sie zu viel Bauchfett haben oder
  • Sie seelischen und gesellschaftlichen Druck spüren.

Selbsthilfegruppen

Der Austausch mit Gleichbetroffenen kann bei der Bewältigung einer Krankheit eine grosse Unterstützung sein. Beratung auf der Suche nach einer geeigneten Selbsthilfegruppe erhalten Sie bei Selbsthilfe Zürich. Selbsthilfe Zürich und das Universitätsspital Zürich sind Kooperationspartner im nationalen Projekt «Gesundheitskompetenz dank selbsthilfefreundlicher Spitäler».