Frühgeburtlichkeit

Sensibilisierung für die speziellen Bedürfnisse dieser sehr vulnerablen Neugeborenen und vor allem stressreduzierende Massnahmen minimieren die Risiken dieser Patienten- und Patientinnengruppe. Gemeinsam entwickeln wir neue Vorgehensweisen, welche uns ermöglichen, diese Kinder noch umsichtiger zu pflegen.

Eine Schwangerschaft dauert in der Regel 40 Wochen ab dem ersten Tag der letzten Regelblutung. Als Frühgeborene werden Kinder bezeichnet, die vor 37 0/7 Schwangerschaftswochen (SSW), daher vor 37 vollendeten Schwangerschaftswochen + 0 Tage geboren werden.

Frühgeborene können nach der Dauer der Schwangerschaft und nach ihrem Geburtsgewicht in weitere Kategorien unterteilt werden:

  • Bei einer Geburt vor der vollendeten 28. Schwangerschaftswoche (< 28 0/7 SSW) spricht man von einer extrem frühen Frühgeburt
  • zwischen der vollendeten 28. SSW und vor der vollendeten 32. SSW (28 0/7 – 31 6/7 SSW) von früher Frühgeburt
  • und zwischen der vollendeten 32. SSW und vor der vollendeten 37. SSW (32 0/7 – 36 6/7 SSW) von mässig früher oder später Frühgeburt.

Geburtsgewicht;

  • Bei einem Geburtsgewicht von < 2500 g spricht man von einem niedrigen Geburtsgewicht,
  • < 1500 g von sehr niedrigem Geburtsgewicht
  • und < 1000 g von extrem niedrigen Geburtsgewicht.

Neugeborenes auf der Liege

Mögliche Komplikationen

Auf unserer Neonatologie bieten wir eine intensivmedizinische Versorgung von Extrem-Frühgeborenen an. Bei diesen besonders kleinen, leichten und unreifen Frühchen wird das individuelle Risiko anhand verschiedener Faktoren abgeschätzt und die Eltern in einem interprofessionellen Gespräch beraten. Mehr Informationen dazu unter «gemeinsame Entscheidungsfindung in der Neonatologie».

Die Unreife der Organe kann zu verschiedenen Komplikationen und Krankheitsbildern führen. Dabei gilt annäherungsweise, je jünger und je leichter ein Kind ist, desto höher das Risiko für deren Auftreten. Mögliche Komplikationen der Frühgeburtlichkeit:

  • Bronchopulmonale Dysplasie (BPD)
  • Persistierender Ductus arteriosus (PDA)
  • Nekrotisierende Enterokolitis (NEK)
  • Fokal intestinale Perforation (FIP)
  • Intraventrikuläre Blutung (IVH)
  • Frühgeborenen-Retinopathie (ROP)
  • Infektionen

Durch Fortschritte in der Versorgung Frühgeborener beobachten wir die beschriebenen Krankheitsbilder heute in der Regel nur noch bei extrem unreifen und extrem leichten Frühgeborenen.

Bronchopulmonale Dysplasie (BPD)

Die Lunge extrem kleiner Frühgeborener ist bei Geburt noch nicht vollständig ausgereift und für den Gasaustausch noch nicht optimal vorbereitet. Muss eine unreife Lunge nach der Geburt mit einem Beatmungsgerät unterstützt und mit Sauerstoff versorgt werden, kann es in Abhängigkeit von der Beatmungsintensität und der Beatmungsdauer zu einem vorübergehend auftretenden Stopp der weiteren Lungenausreifung und zu Umbauprozessen in der Lunge kommen. Je nach Schwere der Umbauprozesse kann eine Einschränkung der Lungenfunktion sowie eine Herzkreislaufbelastung entstehen und bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben.

Persistierender Ductus arteriosus (PDA)

Vor der Geburt fliesst das sauerstoffreiche Blut von der Gebärmutter zum Kind. Da die Lunge zu diesem Zeitpunkt noch nicht für den Gasaustausch zuständig ist, wird das Blut über eine Kurzschlussverbindung – den Ductus arteriosus Botalli – an der Lunge vorbei direkt in die Hauptschlagader und den kindlichen Körper geführt.

Nach der Geburt und dem Abnabeln des Kindes übernimmt die Lunge den Gasaustausch und der Ductus arteriosus wird nicht mehr benötigt. Bei reifen Neugeborenen verschliesst sich der Ductus in der Regel spontan innerhalb von einigen Stunden bis Tagen.

Bei Frühgeborenen bleibt der Ductus häufig noch lange offen. Durch ihn kann eine grosse Menge an Blut zurück in die Lunge fliessen, was zu einer Lungenbelastung und erschwerten Atmung führen kann. Häufig kann der Ductus arteriosus mit konservativen Massnahmen oder medikamentös verkleinert oder sogar verschlossen werden. Bei einigen kleinen Frühgeborenen gelingt der Verschluss jedoch nicht. Wenn keine relevanten Einschränkungen der Lungen- und Herzfunktion vorliegen, die mit dem Ductus in Zusammenhang gebracht werden, werden in der Regel keine weiteren Therapien – die dann operativ wären – unternommen, da sich der Ductus häufig noch im Verlauf der ersten Lebensjahre spontan verschliesst. Dies wird nach Spitalaustritt mit regelmässigen Ultraschallkontrollen überprüft.

Fokal intestinale Perforation und Nekrotisierender Enterokolitis

Der unreife Darm von extremen Frühgeborenen kann durch verschiedene äussere Einflüsse, wie zum Beispiel durch lokale Infektionen und Durchblutungsstörungen, geschädigt werden. In ausgeprägten Fällen kann sich der Darm so stark entzünden, dass Darmanteile absterben (nekrotisierende Enterokolitis, NEK) und es zu einem Darmdurchbruch kommt.

Die Therapie besteht zunächst aus einer Entlastung des Darmes durch Stoppen der Ernährung sowie dem Beginn einer antibiotischen Therapie. Je nach Stadium der Erkrankung bleiben Nahrungskarenz und antibiotische Therapie die einzigen Massnahmen, in schwereren Fällen wird unter Umständen ein operativer Eingriff notwendig. Bei isolierten Perforationen (= kleines Loch in der Darmwand = fokale intestinale Perforation) wird meistens direkt ein operativer Eingriff vorgenommen.

Intraventrikuläre Blutung (IVH)

Das Gehirn des sehr unreifen Frühgeborenen ist ein sehr empfindliches Organ. Aufgrund seiner Entwicklung ist es vor allem vor der vollendeten 30. Schwangerschaftswoche anfällig für Blutungen, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Hirnkammern (= Ventrikel) auftreten können. Je nach Ausmass der Blutung ist ein Durchbruch in das Ventrikelsystem (= intraventrikuläre Blutung) oder das umgebende Hirngewebe möglich. Der Schweregrad der Blutung bestimmt die Prognose.

Bei schweren Blutungen kann eine Zirkulationsstörung des Nervenwassers (= Liquor) auftreten, was zu einer Entwicklung eines «Wasserköpfchens» (= Hydrozephalus) führen kann. In solchen Fällen muss teilweise eine Druckentlastung durch Abführen des Liquors nach aussen erfolgen. Blutungen in das Hirngewebe können je nach Lokalisation zu relevanten Funktionseinschränkungen führen. Frühgeborene unter 30 0/7 Schwangerschaftswochen betreuen wir während der ersten 3 Lebenstage nach einem Konzept zur Prävention von Hirnblutungen.

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