Diabetes mellitus – Behandlung

Sowohl die Behandlung des Typ-1- als auch Typ-2-Diabetes mellitus hat zum Ziel, den Blutzuckerspiegel auf normalem Niveau zu halten. Die Zuckerkrankheit ist zwar nicht heilbar, doch können gut eingestellte Patientinnen und Patienten ein beschwerdefreies Leben führen.

Therapie durch Medikamente und Lebensstil

Wenn Sie Ihren Blutzucker im Griff haben, beugen Sie drohenden Folgeerkrankungen vor. Deshalb ist eine intensive Schulung für alle Erkrankten sehr wichtig. In ihrem Rahmen lernen Betroffene,

  • ihren Blutzucker zu messen,
  • mit den Medikamenten umzugehen,
  • sich gesund zu ernähren und zu verhalten und
  • Folgeschäden zu vermeiden.

Niedergelassene Fachleute, Diabetes-Ambulanzen von Kliniken, Selbsthilfegruppen und Diabetes-Schwerpunktpraxen bieten Kurse für Menschen mit Diabetes an. Die Kosten dafür übernimmt die Krankenkasse (nicht Selbsthilfegruppen).

Therapie des Typ-1-Diabetes

Wenn Sie an Typ-1-Diabetes leiden, bildet Ihre Bauchspeicheldrüse zu wenig oder gar kein Insulin mehr.  Das Hormon müssen Sie Ihr Leben lang täglich spritzen. Das Ziel ist es, das Auf- und Absteigen des Blutzuckerspiegels eines gesunden Menschen nachzuahmen. Um die richtige Menge zu bestimmen, messen Sie mehrmals täglich Ihren Blutzucker, indem Sie sich beispielsweise in die Fingerkuppe stechen und einen Blutstropfen entnehmen. Ein Messgerät bestimmt Ihren aktuellen Blutzuckerwert. Es existieren auch Systeme, welche den Blutzucker kontinuierlich über eine bis zwei Wochen messen.

Die Standardbehandlung heutzutage besteht in der intensivierten konventionellen Therapie (ICT), die nach dem „Basis-Bolus“-Prinzip vorgeht. Dafür injizieren Sie sich ein- (bis zweimal) täglich ein lang oder ultralang wirkendes Insulin, um den Grundbedarf (Basis) zu decken. Zu den Mahlzeiten verabreichen Sie sich ein schnell wirksames Insulin und richten die Dosis selbstständig nach dem Bedarf (Bolus). Sie stellen ihn fest, indem Sie den aktuellen Blutzuckerwert bestimmen, die Menge der Kohlenhydrate in Ihrer Mahlzeit (Anstieg Blutzucker) und das Mass körperlicher Aktivität (Abfall Blutzucker).

Mittlerweile trägt eine grosse Zahl der Betroffenen eine Insulinpumpe permanent am Körper. Dabei handelt es sich um ein mit Insulin gefülltes Dosiergerät, in etwa halb so gross wie eine Zigarettenschachtel. Die Insulinpumpe gibt über eine unter der Haut liegende Kanüle regelmässig eine bestimmte voreingestellte Insulinmenge ab. Vor den Mahlzeiten können Sie dann jeweils eine Extradosis Insulin verabreichen. Das Wissen, das für die Therapie in Eigenregie nötig ist, erwerben Sie nach der Diagnose in speziellen Schulungen. Die Insulinpumpe kann auch mit einem Glukosesensor kombiniert werden. Das modernste System einer halbautomatischen Pumpe bestimmt den Basalbedarf anhand des gemessenen Blutzuckerwertes und kann auch bei tiefem Blutzucker die Insulinausschüttung stoppen oder bei erhöhtem Blutzucker die Insulinausschüttung steigern. Die Verfügbarkeit der erhältlichen Systeme und welches System sich am besten für die Patientin oder den Patienten eignet, wird Ihnen durch eine Diabetesspezialistin oder einen Diabetesspezialisten.

Therapie des Typ-2-Diabetes

Ursache für den Typ-2-Diabetes ist häufig ein ungünstiger Lebensstil, welcher infolge von körperlicher Inaktivität und übermässiger Kalorienzufuhr zu Übergewicht führt. Haben wir eine Zuckerkrankheit bei Ihnen festgestellt, werden wir Ihnen zuerst raten, abzunehmen, indem Sie sich ausgewogen ernähren und mehr Bewegung in Ihr Leben bringen. Wenn Sie den Diabetes als Warnschuss akzeptieren, kann die Umstellung Ihrer Lebensgewohnheiten dazu führen, dass Sie Ihre Blutzuckerwerte ohne Medikamente in den Griff bekommen können. Grundlage der Therapie ist ein auf Sie abgestimmtes Schulungs- und Behandlungsprogramm. Das USZ kann hierzu Auskunft geben. Erst, wenn Sie Ihre Werte nicht durch Lebensstiländerungen regulieren können, beginnen weitere Phasen der Behandlung. Wichtig dabei ist, dass alle Massnahmen immer individuell auf die Patientin oder den Patienten abgestimmt sind.

Patientinnen und Patienten mit einem Typ-2 Diabetes werden initial von der Hausärztin oder vom Hausarzt betreut. Gestaltet sich die Therapie aber relativ kompliziert, muss Insulin gespritzt werden oder eine individuelle Kombinationstherapie gewählt werden, ist eine Zuweisung ans USZ sicherlich eine gute Therapiewahl.

Die erste Stufe: Basistherapie

Nach drei bis sechs Monaten überprüfen wir, ob die Umstellung des Lebensstils Erfolge zeigte. Dafür bestimmen wir den HbA1c-Wert. Dieser Wert sagt etwas über die Höhe des Blutzuckers der letzten 3 Monate aus = Langzeit-Zucker. Liegt er im grünen Bereich, müssen Sie keine Medikamente einnehmen. Sind die Werte immer noch zu hoch, wird die Diabetes-Therapie erweitert.

Die zweite Stufe: Therapie mit einem Medikament und frühzeitige Kombination mit einem zweiten Medikament

Wir verschreiben Ihnen ein Medikament, das den Blutzuckerspiegel senkt. In der Regel handelt es sich um Metformin. Sollten Sie diesen Wirkstoff nicht vertragen oder ist die Blutzuckersenkung zu gering, können andere Medikamentengruppen dazugegeben werden. Heute setzt man vor allem Medikamente ein, welche gezeigt haben, dass sie Herzinfarkt- oder Schlaganfall verhindern können und die Niere schützen (SGLT-2-Hemmer und/oder GLP-1 Rezeptor Agonisten). Es werden im Allgemeinen keine Sulfonylharnstoffe mehr eingesetzt. Nach weiteren drei bis sechs Monaten wird wieder der HbA1c-Wert geprüft.

Die dritte Stufe: Therapie mit einem dritten Medikament oder mit einem Langzeit-Insulin

Hat die zweite Stufe nicht den nötigen Erfolg gebracht, wird Ihnen ein drittes Medikament verschrieben. Alternativ ist auch eine Gabe eines Langzeit-Insulin möglich. Drei bis sechs Monate später erfolgt wieder eine Prüfung anhand des HbA1c-Werts.

Die vierte Stufe: Intensivierte Insulintherapie und Kombinationstherapieformen

Bei Therapiestufe vier kommen weiter angepasste Insulin- und Kombinationstherapieformen zum Einsatz, die bei manchen Betroffenen sinnvoll sein können, wie die Zugabe eines schnellwirksamen Insulin zu den Mahlzeiten oder eines Mischinsulins (kurzwirksames und langwirksames Insulin) oder Kombination eines GLP-1 Rezeptor Agonisten mit einem langwirksamen Insulin.

Orale Antidiabetika

Der erste Schritt in der Therapie des Diabetes Typ 2 ist es, Ihren Lebensstil so umzustellen, dass Ihr Blutzuckerspiegel in den grünen Bereich kommt. Klappt das nicht, stehen Ihnen als Betroffener von Diabetes Typ-2 verschiedene Wirkstoffgruppen zur Verfügung, die Sie in Tablettenform einnehmen können, sogenannte Antidiabetika.

Biguanide: Das Medikament der ersten Wahl ist Metformin, das einzige in der Schweiz zugelassene Biguanid. Es macht Ihre Zellen empfindlicher gegenüber Insulin, hemmt die Leber bei der Zucker-Neubildung und erhöht die möglicherweise die Ausscheidung von von Zucker im Darm.

Sulfonylharnstoffe: Fachleute setzen sie ein, solange Betroffene noch eigenes Insulin herstellen. Sie regen die Bauchspeicheldrüse an, mehr Insulin auszuschütten. Mit diesem Medikament besteht das Risiko, dass Sie zu tiefen Blutzucker haben und an Gewicht zunehmen.

DPP-4-Hemmer (Gliptine): Indem die Gliptine den Abbau des Darmhormons GLP-1 hemmen, stellt die Bauchspeicheldrüse mehr Insulin her und hemmt die Ausschüttung des Insulin-Antagonisten Glukagon. Die Magenentleerung verzögert sich und die Leber setzt weniger Zucker frei. Sie besitzen praktisch keine Nebenwirkungen, haben aber auch keine Vorteile bezüglich Herzinfarkt und Schlaganfall oder Nierenfunktion.

Glinide: Wirken ähnlich wie Sulfonylharnstoffe, indem sie die Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse anregen, sind aber kürzer wirksam und sollen vor dem Essen eingenommen werden. Der Gebrauch in der Schweiz ist allerdings sehr gering.

GLP-1-Rezeptor Agonisten: Sie imitieren die Wirkung des Darmhormons GLP-1 (siehe Gliptine). Im Gegensatz zu anderen Antidiabetika müssen Sie sie injizieren – wie Insulin. Ab Herbst 2020 gibt es aber auch eine Tablette mit GLP-1 RA. Diese Gruppe verhindert sowohl Herzinfarkt, als auch Schlaganfall, reduziert die Todesfälle und schützen auch die Nieren.

SGLT-2-Hemmer: Sie blockieren das Protein SGLT-2, dass den Zucker aus den Nieren wieder ins Blut leitet. Dadurch scheiden die Nieren mehr Zucker über den Harn aus. Es sind die einzigen Medikamente, welche eine Herzschwäche verhindern oder behandeln. Zusätzlich schützen sie die Nieren und vermeiden Herzinfarkte oder Todesfälle.

Bevorzugte Medikamente: Aus den geschilderten Gründen sind heute die bevorzugten Medikamente Metformin in Kombination mit SGLT-2 Hemmern und/oder GLP-1 RA.

Die Insulin-Therapie für Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabtetes

Zu Beginn des Diabetes Typ 2 verringert sich die Empfindlichkeit der Zellen gegenüber Insulin. Die Bauchspeicheldrüse versucht, dieses Manko auszugleichen, indem sie grössere Mengen des Hormons produziert. Im Laufe der Jahre erschöpft das Organ jedoch, so dass die Insulinproduktion deutlich reduziert wird. Dann benötigen Sie eine Insulintherapie. Insulin können Sie nicht in Tablettenform einnehmen, denn es würde die Passage durch den Magen nicht überstehen, die Magensäure würde es abbauen. Deshalb müssen Sie das Hormon injizieren. Zur Therapie stehen kurz- undlangwirksames Insulin oder Mischinsuline zur Verfügung. Die Injektion des Insulins erfolgt meist mittels eines Pens, einem Gerät, das äusserlich an einen Füllfederhalter erinnert

Auch die Basalinsulin-Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 kann intensiviert werden

Kurzwirkende Insuline senken den Blutzucker schon nach 15 bis 30 Minuten und wirken maximal vier Stunden. Sie injizieren Sie vor allem zu den Mahlzeiten als sogenannten Bolus. Der Effekt langwirkender Insuline tritt dagegen erst nach zwei bis vier Stunden auf. Dafür wirken sie bis zu 24 oder sogar 42 Stunden. Sie decken den basalen Insulinbedarf ohne Mahlzeiten etwa in der Nacht. Durch die Kombination von „schnellem“ und „langsamem“ Insulin können Sie den Blutzucker meistens gut kontrollieren.

Ausserdem stehen verschiedene Therapieschemata zur Auswahl. Welche zum Einsatz kommt, hängt vor allem von den Umständen der Patientin oder des Patienten ab: Manche benötigen nur zu bestimmten Zeitpunkten Insulin zur Unterstützung der Tabletten, andere eine intensivierte Insulintherapie.

Die Fachgesellschaft für Diabetes (SGED) hat Anfang 2020 die modernsten Therapie-Empfehlungen für Typ-2-Diabetes mellitus publiziert, welche die Resultate aller Endpunkt-Studien mit den neuen Diabetesmedikamenten (SGLT-2-Hemmer, GLP-1 RA und der DPP-4 Hemmer) berücksichtigt hat.

Sowohl Typ-1- als auch Typ-2-Betroffene können ein relativ normales Leben ohne Spätfolgen führen, wenn sie sich an die Therapievorgaben halten und ein gutes HbA1c über viele Jahre erreichen und beibehalten.

Zusammen mit der Klinik für Geburtshilfe, betreuen wir auch sehr viele Patientinnen und Patienten mit einem Schwangerschaftsdiabetes oder einem vorbestehendem Diabetes in der Schwangerschaft.

Seltenere Diabetesformen wie bei Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse oder Formen, welche dominant vererbt werden, werden häufig nicht diagnostiziert. Eine Zuweisung zu uns bei Verdacht auf spezifische Diabetesformen bringt der Patientin oder dem Patienten zusätzliche Klarheit, welche Therapie hier eingesetzt werden sollten.

Verantwortlicher Kaderarzt

Roger Lehmann, Prof. Dr. med.

Leitender Arzt, Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Klinische Ernährung

Tel. +41 44 255 36 20
Spezialgebiete: Insulinpumpen und kontinuierliche Blutzuckermessung, Therapie sämtlicher Diabetestypen mit Schwerpunkt Gestationsdiabetes, Inseltransplantation

Für Patientinnen und Patienten

Sie können sich als Patientin oder Patient nicht direkt zu einer Konsultation anmelden. Bitte lassen Sie sich durch Ihren Hausarzt, Ihre Hausärztin, Ihren Spezialisten oder Ihre Spezialistin überweisen.

Für Ärztinnen und Ärzte

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